Zoos und Tierparks versprechen ein hautnahes Naturerlebnis. Und tatsächlich scheinen viele Tiere zum Greifen nah oder kreuzen sogar die Wege der Besucher. Doch was idyllisch anmutet, ist in Wirklichkeit grausame Tierquälerei.

Wer den Tierpark Berlin besucht, dem bietet sich ein beschauliches Bild. Vollkommen frei, ohne von Gittern oder Netzen am Wegfliegen gehindert zu werden, laufen auf den Besucherwegen zahlreiche Pelikane umher. Erst auf den IMGA0021zweiten Blick fällt auf, dass mit den Tieren etwas nicht stimmt. Immer wieder breiten sie die Flügel aus, verlieren nach einigen Schlägen das Gleichgewicht, taumeln hin und her, unfähig zu fliegen.

Wie fast alle Pelikane, Flamingos, Kraniche und Störche in deutschen Zoos, wurden auch diese Vögel flugunfähig gemacht, um sie den Besuchern aus nächster Nähe präsentieren zu können.

Dabei kommen verschiedene Methoden zur Anwendung. Man unterscheidet zwischen irreversiblen Eingriffen, also solchen die sich nicht rückgängig machen lassen, und reversiblen Eingriffen, die nur eine vorübergehende Flugunfähigkeit zur Folge haben.

Zu den irreversiblen Eingriffen gehören die Amputation von Teilen des Flügels und das Herausziehen der Schwungfedern mit anschließender Verödung der Federpapillen. Diese Methoden verbietet das Tierschutzgesetz seit IMGA00441998 eindeutig. Verstöße sind als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Ausnahmen sind nur im Einzelfall bei Vorliegen einer tierärztlichen Indikation gestattet.

Zu den reversibel Methoden gehört das Stutzen der Schwungfedern an einem oder beiden Flügeln. Während Vögel mit beidseitig gestutzten Flügeln noch kurze Strecken fliegen können, können Vögel, denen nur ein Flügel gestutzt wurde, das Gleichgewicht im Flug nicht mehr halten und sind komplett flugunfähig.

Für die Vögel hat das weitreichende Konsequenzen. Sie sind nicht mehr in der Lage sich artgemäß (fliegend) fortzubewegen und auch die schnelle Flucht vor potentiellen Beutegreifern wird ihnen so unmöglich gemacht. So fielen im Frankfurter Zoo in nur zwei Nächten insgesamt 15 Flamingos einem Fuchs zum Opfer. Zudem haben die Flügel für Vögel über die reine Fortbewegung hinaus auch große Bedeutung für die innerartliche Kommunikation (Balz- / Drohverhalten) und Einfluss auf die Regulierung des Wärmehaushalts. Haben Vögel nicht die Möglichkeit zu fliegen, so kann dies zu Stoffwechsel- und Faktorenerkrankungen führen.

Das Stutzen der Flügel ist daher nach Ansicht von Juristen ebenfalls nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar, da hierbei eine Gewebezerstörung stattfindet und durch diesen Eingriff das Ausleben einer natürliche Verhaltensweise der Tiere (das Fliegen) über einen sehr langen Zeitraum massiv beeinträchtigt oder sogar verhindert wird. Zudem sind die Tiere durch den wiederkehrenden Eingriff erheblichem Stress ausgesetzt. In der Anfangsphase nach dem Beschneiden der Schwingen kommt es häufig zu Stürzen und damit verbundenen Verletzungen (z.B. Frakturen). Auch kann das Beschneiden Verhaltensstörungen, wie Federrupfen zur Folge haben.

Im Jahr 2015 stellte auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der LINKEN (Drucksache 18/3683) klar: „Beim routinemäßigen Flugunfähigmachen von Vögeln handelt es sich um eine zootechnische Maßnahme und nicht um eine „tierärztliche Indikation im Einzelfall“. Insofern verstößt eine solche Praxis gegen das Tierschutzgesetz“.

Trotzdem ist es bis heute in deutschen Zoos und Tierparks üblich insbesondere große Wasservögel flugunfähig zu machen. Nur so können die Tiere kostengünstig in großen, für die Besucher attraktiven, Freigehegen zur Schau gestellt werden.

Ihrem selbst zuerkannten Bildungsauftrag werden die zoologischen Gärten damit nicht gerecht, denn was vermittelt schon der Anblick eines Vogels, den man gewaltsam am Fliegen hindert? Wissen über das natürliche Bewegungsverhalten des Tieres oder über einen respektvollen Umgang mit fühlenden Lebewesen sicher nicht.

Wie hoch die Zahl der Vögel ist, die jährlich in deutschen Zoos verstümmelt werden, lässt sich nur schätzen. Sie wird in die Tausende gehen. Bis jetzt sind die zuständigen Veterinärbehörden tatenlos geblieben. Das wollen wir ändern.

animal public setzt sich bei den Landesregierungen dafür ein, dass das geltende Tierschutzgesetz endlich vollzogen wird.

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